Gewaltfreie Kommunikation in Braunschweig
TESTSEITE
- Warum überhaupt GfK-Übungsgruppen?
- Das Problem
- Elemente der Problematik
- Der Konflikt als Mangelsituation
- Der Affekt
- Die Übung
- Gewohnheitsmenschen, Gewohnheiten mit bestimmten Menschen.
- Ein neuer Übungsweg
- Gleichzeitigkeit beider Parteien
- Anti-konventionell
- Außenseiterposition
Die Lösung:
Warum nicht alleine üben?
Eine ehrliche zweite Meinung
Manchmal ist man sich selbst der ärgste Feind
Rollenspiel
4 Augen sehen mehr als zwei
Termin mit Regelmäßigkeit und Wiederholung
Arbeitsteilung
GfK-Übungsgruppen-interne Konflikte
Warum überhaupt GfK-Übungsgruppen?
Marshall Rosenberg sagt, dass für die meisten Menschen die GfK wie eine Fremdsprache
ist. Es gibt spezifische Prozesse, ungewohnte Vokabeln und auch eine andere Art
mit den eigenen Gedanken und Gefühlen umzugehen. Das ist sehr ungewohnt
und bedarf der Übung.
Das Problem:
Es genügt nicht, sich rein theoretisch mit der GfK vertraut zu machen.
Es ist sogar weitgehend nutzlos das zu tun. Die GfK ist keine abgehobene
Philosophie, sie ist eine Lebensart für unsere tägliche Praxis des Miteinander.
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten GfK-Anfänger mit ihren ersten Versuchen
der Anwendung geradezu kläglich scheitern, selbst wenn es sich um ganz einfache
Angelegenheiten zu handeln scheint. Und als Ungeübter einen ernsten Konflikt
- wie z.B. eine Ehekrise - zu meisten, ist völlig unmöglich. Warum ist
das so? Weil man nur anwenden kann, was man gelernt hat. Die theoretische Kenntnis
ist nur der erste Schritt des Lernens.
Ein Beispiel: Ein körperlich untrainierter und schüchterner Junge besucht
eine Judo-Schule. Er hat ein gutes Buch über Judo gelesen, das ihn dazu inspiriert
hat. Er hofft, seine Situation dadurch zu verbessern. Könnte er jetzt einen
Wettkampf bestehen, oder gar einen aggressiven Angreifer abwehren? Nein. Warum
nicht? Weil er über keinerlei Übung verfügt. Er besitzt weder den
Mut, die Entschlossenheit noch die Kraft dazu. Was er jetzt brauch ist
ein erfahrener, geduldiger Lehrer und gutwillige Übungspartner vor denen
er keine Angst zu haben braucht und viel Zeit um Fehler zu machen, machen zu dürfen.
Er braucht kleine Übungserfolge und Ermutigungen. Außerdem braucht
er Durchhaltevermögen, Selbstdisziplin und Demut.
Es prinzipiell ist nicht möglich eine Form der Konfliktbewältigung im
belastenden und überfordernden Kontext des akuten Konfliktes gleichzeitig
zu lernen und erfolgreich anzuwenden.
Elemente der Problematik:
Wenn man mitten im Konflikt versuchen würde, sich in GfK zu üben hat
man es nicht nur mit dem ursprünglichen Konflikt zu tun hat, sondern gleichzeitig
mit unverhältnismäßig vielen Erschwernissen
auf ein Mal:
1. Der Konflikt an sich,
2. die aus dem ungelösten Konflikt entstehende Gefühlslage, der Affekt,
3. die Übung in GfK,
4. die Irritation anderer über eine versuchsweise Verhaltensänderung,
5. der Mangel an Erfahrung mit den GfK-spezifischen Methoden der Übung.
6. die gleichzeitige Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse und der
des Konfliktpartners,
7. die Unsicherheit über Erfolg oder Misserfolg einer nicht etablierten Methode,
8. die Außenseiterposition / keinen Helfer
Das riecht nach Überforderung, oder?
1) Der Konflikt als Mangelsituation
Ein Konflikt entsteht meistens, wenn tatsächlich oder absehbar ein oder mehrere
Bedürfnisse der Konfliktparteien nicht erfüllt werden. Daher ist der
Konflikt immer eine Mangelsituation, eine Belastung.
2) Der Affekt
Wann immer unsere Bedürfnisse nicht erfüllt werden, führt das zu
Gefühlen, unangenehmen natürlich. Dieser Zustand unseres
Gemüts, dieser Affekt, kann uns dominieren, das rationale
Denken beeinträchtigen usw. und stellt von daher einen sekundären Konflikt
da, der die Lösung des primären Konfliktes zusätzlich erschwert.
3) Die Übung
Eine Übung erfordert volle Aufmerksamkeit. Darin etwas zu üben, dass
man noch nicht kann, liegt eine Schwierigkeit, eine Herausforderung. Insbesondere
ist es eine Schwierigkeit anzufangen etwas zu üben. Das muss nichts unangenehmes
sein, ist aber immer etwas anstrengendes. Eine Übung, die nicht anstrengend
ist, ist keine Übung. Nur durch Bemühen, durch Anstrengung kann Veränderung
bewirkt werden. Eine unzweckmäßig gestaltete Übung kann anstrengend
sein, ohne effektiv zu sein, aber auch eine optimal zweckmäßig gestaltete
Übung kann nicht effektiv sein, ohne anstrengend zu sein.
4) Gewohnheitsmenschen, Gewohnheiten mit bestimmten Menschen.
Die GfK wird oft benutzt um emotional festgefahrene Konflikte aufzulösen.
Das sind Konflikte zwischen zwei Menschen oder Menschengruppen, die sehr starke
emotionale Bezüge zueinander haben, die sich schon länger kennen und
demzufolge auch feste Ansichten über einander haben und eingefahrene Gewohnheiten
der Kommunikation. Das könnte z.B. eine erwachsene Tochter und ihre Mutter
sein, oder ein Ehepaar, dass schon lange verheiratet ist. Es ist sehr schwer,
in so eine alte Beziehung eine neue Art der Kommunikation einzuführen. Es
ist zudem meistens so, dass nur eine Partei überhaupt die ehrliche Absicht
hat, die Möglichkeiten der GfK zu nutzen, um eine qualitative Verbesserung
der zwischenmenschlichen Beziehung zu erarbeiten.
Solche, seit Jahrzehnten einstudierte Verhaltensmuster zu durchbrechen ist wirklich
sehr schwer. Und oft führt schon der Versuch etwas neues einzuführen
zu einem Konflikt an sich, denn Neues, Ungewohntes, Unerwartetes, Unbekanntes
erzeugt meistens Angst oder Misstrauen, besonders, wenn es an gewohnten Plätzen
auftaucht. Ja, wenn die Veränderung dazu führen würde, dass das
passiert, was man sich schon immer gewünscht hatte ... aber das tut
sie so gut wie nie. In der ersten Übungs-Phase kommt der GfK Übende
mehr zu sich selbst. D.h. er ist weniger manipulierbar. Das ist meist nicht, was
sich das Gegenüber wünscht. Andererseits ist man selber die Person mit
der man die längsten und festesten Gewohnheiten hat. Daher ist es besonders
schwierig Konflikte mit sich alleine zu bearbeiten.
5) Ein neuer Übungsweg
Nicht nur habe ich die GfK-Fähigkeit noch nicht entwickelt, ansonsten es
ja keine Notwendigkeit zur Übung gäbe, auch kenne ich den GfK-Übungsweg,
die Methoden der Übung noch nicht. Aller Anfang ist schwer. Ich weiß,
wie man Vokabeln paukt, wie man für einen Langlauf trainiert, und worauf
ich achten muss, damit meine tägliche Meditation nicht vergebens ist. Aber
wie übt man einfühlsame Kommunikation? Worauf muss man dabei achten?
Welche Art zu üben ist effektiv, welche Zeitverschwendung und welche nur
frustrierend?
6) Gleichzeitigkeit beider Parteien
Wenn ich Vokabeln lerne, laufen übe oder meditiere, habe ich es im Wesentlichen
nur mit mir selber zu tun. Aber an Konflikten sind üblicherweise zwei Parteien
beteiligt. Das verdoppelt den Schwierigkeitsgrad noch einmal. Spätestens
bei echten GfK-Übungen lerne ich, wie wichtig es ist, zuerst für mich
selbst gut zu sorgen. Aber eben nicht nur für mich selbst, nur zuerst.
7) Anti-konventionell
Wenn ich Vokabeln lerne oder laufen, dann habe ich vorab bewährte Maßstäbe,
an denen ich meinen Erfolg meist sogar sehr zeitnah und in verhältnismäßig
überschaubaren Abschnitten überprüfen kann. Aber woher
weiß ich, wie gut ich in der GfK voran gekommen bin? Ist das jetzt ein Fortschritt
oder nicht, wenn mich mein Konfliktpartner ungläubig anschaut? Wer soll mir
die Maßstäbe dafür vermitteln, zumal mein soziales Umfeld i.d.R.
nicht GfK-kompetent ist und es zudem es selbst unter denen, die meinen mit GfK
zu tun zu haben, etliche „Theoretiker“ und Möchtegerne gibt,
die ich, weil ich selbst Anfänger bin, noch nicht so gut von den Könnern
unterscheiden kann?
8) Außenseiterposition
Zudem verhält sich meine Umwelt meistens nicht kooperativ. Wenn ein Kind
schreiben lernt, werden fast alle dafür sein. Jeder wird sagen: „Ja,
mach' das, das braucht man im Leben!“ Viele werden bereit sein, die Übung
des Kindes in dieser anerkannten Kulturtechnik zu unterstützen. Das Kind
soll sich dahin entwickeln, wo die Älteren in der Gesellschaft, wo die Mehrheit
schon ist. Das macht es natürlich viel leichter. Aber im Falle der GfK wollen
wir uns dahin entwickeln, wo die Mehrheit schon lange nicht mehr ist, schon seit
Jahrtausenden nicht mehr. Wir arbeiten und üben also gegen den z.T. sogar
erklärten Widerstand der Mehrheit. Es wäre dumm zu glauben, man könne
das zudem "life" mitten in der belastenden Konfliktsituation tun, ohne
gleich in die alten Muster zurück zu fallen, die wir uns zu unserem vermeintlichen
"Schutz" antrainiert haben.
Die Lösung:
GfK-Übungsgruppen gibt es, damit man mit sogenannten Gleichgesinnten, mit
Leuten, mit denen man nicht im Konflikt ist, in ruhiger und entspannter Atmosphäre
Übungen machen kann, die die eigene Kompetenz in der Anwendung der 4 Schritte
nach und nach entwickeln helfen.
Speziell die Phase der Selbsteinfühlung verlangt ein hohes Maß an Offenheit,
die nur in einer Atmosphäre des allseitigen Vertrauens an den Tag gelegt
werden kann. Im Sinnes des dafür aufzubauenden -> Info-Geschuetzter_Raum
ist es daher erforderlich, dass der Konfliktpartner, also die Person, mit der
man einen Konflikt hat, abwesend ist. Das ist eine condicio sine qua non. Andere
Bedingungen oder Regeln müssen sich ihr unterordnen, sich aus ihr ergeben.
Warum nicht alleine üben?
Speziell für die ersten eigenen GfK-Übungen ist es am erfolgversprechendsten
in einer Gruppe von gegenseitig unabhängigen, einander wohlwollenden,
hoffentlich wenigstens teilweise erfahreneren und vor allen Dingen auch selbst
an der Haltung der GfK interessierten Menschen zu üben, mit denen wir noch
keine emotionalen Desaster erlebt habe, über die wir uns noch keine
festen Ansichten oder Vorurteile gebildet haben, die gemeinsam mit uns,
neugierig und spielerisch an dieses hochinteressante Thema heran
gehen wollen.
Eine ehrliche zweite Meinung
Einer der besonders hilfreichen Aspekte einer GfK-Übungsgruppe ist der Umstand,
dass sich die meisten Teilnehmer erst in der Gruppe kennen lernen und vordem noch
keinen Kontakt zueinander hatten, also auch keinerlei Abhängigkeiten zueinander
aufgebaut haben. Abhängigkeiten, seien es hierarchische oder gegenseitige
auf gleicher Ebene, beeinträchtigen in fast allen Fällen die Offenheit
und Ehrlichkeit. Wer dazu mehr erfahren will, beschäftige sich mit dem SNAFU-Prinzip.
Offenheit ist ein sehr wichtiger Aspekt der Gewaltfreien Kommunikation.
Manchmal ist man sich selbst der ärgste Feind
Im Grunde kann man die GfK natürlich auch mit sich selbst üben, insbesondere,
da der Mensch auch immer einen inneren Dialog führt und die GfK auch
und gerade dort eine sehr positive Wirkung entfalten kann. Aber andererseits
ist der Mensch mit dem wir den inneren Dialog führen, ein uns sehr bekannter
Mensch, mit dem wir die älteste Beziehung überhaupt haben, über
den wir die festesten Ansichten haben und der im Grunde für alles
"schlechte" verantwortlich zu machen ist, das uns jemals zugestoßen
ist. Mit keinem anderen Menschen haben wir derart feste Kommunikationsgewohnheiten,
wie mit uns selbst. Wir sind für uns selbst der schwierigste Übungspartner,
den es gibt.
Rollenspiel
In Rollenspielen können psychologisch und kommunikativ ausgerichtete Übungen
besonders wirkungsvoll gemacht werden. Dazu braucht man mehrere Teilnehmer. Dabei
steht Rollenspiel nicht nur dafür, dass andere Teilnehmer zu Übungszwecken
z.B. die Rolle des Konfliktpartners übernehmen, sondern insbesondere auch
dafür, dass die Rolle eines nicht anwesenden Experten auf mehrere Teilnehmer
aufgeteilt wird, um die gleiche Wirksamkeit zu erziehlen, ohne einen Experten
zu benötigen.
4 Augen sehen mehr als zwei:
Und 10 Ohren hören auf so unterschiedliche Art, dass kaum noch jemand die
Chance hat, sich selbst etwas vor zu machen, wie das bei der Übung - nur
mit sich selbst - leicht passieren kann. Zu leicht kann man sich sagen: "Aber,
ich habe doch alles richtig gemacht, habe die 4 Schritte eingehalten usw. Der
Fehler liegt einfach bei meinem Gegenüber, der kooperiert einfach
nicht!!" Die Gruppe wird Dir schon erläutern, was schief gelaufen ist,
und warum es so gekommen ist, wie es kommen musste. Und mit der Hilfe der anderen
wirst Du lernen, wie Du es besser machen kannst. "Our goal is not to become
perfect, it is to become progressively less stupid." MBR ;-)
Termin mit Regelmäßigkeit und Wiederholung:
Jede Übung ist ein Kampf gegen das Vergessen, Verlernen und die Erosion.
Regelmäßigkeit ist da sehr hilfreich. Immerhin leben wir
in unserem Land „unter Wölfen“ und sind durch sie starken erosiven
Kräften ausgesetzt. Sich regelmäßig unter die anderen Lern-Giraffen
zu begeben, schafft einen erholsamen Ausgleich für das Gemüt.
Der normativen Kraft des Faktischen wird die Inspiration durch das Exemplarische
entgegen gestellt, wieder und wieder. Die Dominanzkultur hat Jahrtausende
unser Wertesystem geprägt. Bis wir diese Spuren in uns getilgt und gegen
etwas besseres ersetzt haben, ist es noch ein sehr langer Weg, wahrscheinlich
über viele Generationen. Die Übung der GfK ist keine Angelegenheit von
Wochen oder Monaten, sondern von Lebenszeiten. Wenn man also 2 Mal in der
Woche ins Fitnessstudio geht, um keinen Speck anzusetzen, warum nicht auch einmal
in der Woche zur GfK-Übungsgruppe, um den Wolf abzuspecken und die Giraffe
zu füttern?
Wenn man nur für sich selbst übt, bleibt es oft bei den guten Vorsätzen,
denn es gibt ja sooo viel zu tun. Aber ein regelmäßiger Termin mit
anderen Leuten ist eine gute Gelegenheit aus dem Alltagstrott heraus zu kommen
und sich mal wieder ganz auf die GfK zu konzentrieren, ohne Ablenkungen.
Arbeitsteilung:
Wenn man ein großes Problem hat, bewältigt man es am besten, indem
man es in mehrere kleinere Teile teilt und diese einen nach dem anderen bearbeitet.
Oder man teilt sich die Arbeit, indem mehrere Personen an der gleichen Sache arbeiten,
am besten arbeitsteilig, sich spezialisierend. Die Arbeit im Team macht
außerdem meist mehr Spaß als alleine. Damit überwindet man nicht
nur die kleinen Anfängerproblemchen, sondern auch größere,
ernstere Probleme.
GfK-Übungsgruppen-interne Konflikte
Dieses Dokument ist bis zum Kapitel "Warum nicht alleine üben?"
Voraussetzung zum Verständnis des folgenden Infos:
-> Info-Gruppeninterne_Konflikte. Darin wird erläutert, wie in der GfK-Übungsgruppe_B
mit dem Sonderfall der gruppen-internen Konflikte umgegangen wird.